Freitag, 6. Mai 2011

Vilcabamba. Oder: Wie und wo leben Amis und andere Hippies heute?

Meine letzte Wochenendexkursion brachte ich mich nach Vilcabamba, the "Valley of Longevity". Es heißt, es gibt Leute, die dort über 120 Jahre alt werden; angeblich wegen des Wassers, des konstanten Klimas und auch dem tatsächlich fehlenden Stress. Keine einzige Person soll Herzkrank sein. Kein Wunder, dass zwischenzeitlich von einem einschlägigen Magazin Vilcabamba als No. 1 of the World's Places for Retirement geführt wurde - und mittlerweile über 100 Rentnerpaare aus den USA in den Süden Ecuadors migrieren ließ. Das hat die Grundstückspreise übrigens auf USA-Niveau steigen lassen! (Erinnerung: Dritte-Welt-Land!)

Gut, zurück zum Thema. Schon das Ankommen war ein Abenteuer. Wir sind etwas spät dran gewesen, und nach 7h-Fahrt um ca. 22h im Dorfzentrum angekommen. Dort haben wir einen Taxifahrer angesprochen, ob er uns zum "Hotel", das wir reservierten, bringen kann, den Namen hatten wir ihm aufgeschrieben. Er sagte, klar, 4 USD. Klang viel, aber um die Uhrzeit wollten wir auf Nummer sicher gehen. Aber. Der Taxifahrer fuhr mit uns raus aus dem Dorf, das Tal hinauf. Zwei Fragen wurden beantwortet: Die 4 USD waren gerechtfertigt, bei ca. 20min Fahrt durch den dunklen Wald. Und die zweite, warum sind die Taxis eigentlich nicht normale Autos sondern geländegängige Pickup-Trucks? Einfache Antwort: es ist nötig. Wir sind über soviel Stock Stein gefahren ... da wäre selbst ein normaler Strassenallrad-Golf (oder so) nicht durchgekommen. Aber eine dritte Frage stellte sich unmittelbar, als uns der Taxifahrer entließ. Wo sind wir?!? Eine einzige beleuchtete kleine Hütte in der Nähe - klar sind wir da erstmal hingegangen. Ein paar Betrunkene Leute waren da, wollten uns alle erstmal abknutschen, haha und haben uns Bier angeboten. Ist zwar nett, aber wir hatten ein Zimmer reserviert. Die wussten natürlich nichts, war ja auch kein Hotel. Zwei nicht so Betrunkene haben uns dann durch die Dunkelheit (Handybeleuchtung + Glühwürmchen) über eine Brücke zum "Hotel" geführt. Kein einziges Licht brannte da. Aber mit dem Handy konnte man das Schild "We are open" sehen. Es gab eine Gegensprechanlage, mit der man die Inhaber rufen konnte. Gelesen, getan. Die weibliche Stimme sagte, gleich (5-10min) würden wir abgeholt. Als nach wenigen Minuten ein unserer Meinung nach völlig bekiffter Hippie (in seinen späten 50ern) auftauchte und ohne Umschweife sagte: "Let's go up the hill", waren wir erst ein bisschen Misstrauisch. Irgendwann sagte er dann, dass er dort ein Hüttchen für uns hätte, also gingen wir mit. Wieder Handybeleuchtung. Die Hütte war dann ein ziemlich angenehmes (aber spartanisches) Baumhaus, mit fließend warmem Wasser - jedoch trotzdem völlig anders als wir es von einem Hostel erwartet hatten. Eigentlich hatte ich auf ein Restaurant gehofft um den aufgestauten Hunger zu stillen, aber dafür gab es eine Hängematte (perfekt für den klaren Sternenhimmel bei absoluter Ruhe), sogar eine kleine Küche (aber wir sahen aus Mangel an Mitgebrachtem und hygienischen Gründen eher davon ab, sie zu nutzen). Es war wirklich sogar bequem und liebevoll eingerichtet, man musste es einfach mit ein paar kleinen Mitbewöhnerchen (und am morgen einer Henne auf der Veranda) teilen.
Für den nächsten Morgen wurde uns Frühstück versprochen. Es stellte sich heraus, dass wir die einzigen Gäste derzeitig sind. Und so hat Charlie, der uns am morgen wesentlich sympathischer war nur für uns einmal Rührei und einmal Pancakes mit (übrigens hauseigenem sehr guten Honig!) gemacht. Für den Tag gab er uns noch zwei Brotbüchsen voll mit Sandwiches (die wirklich sehr gut waren, Käse mit Ei und Thunfisch) mit und empfahl uns eine schöne Wanderroute, mit blendendem Ausblick über das Tal (siehe Bilder). Natürlich war auch ein Nickerchen am Fluss dabei :-)
Am Abend haben wir mit Charly zu Abend gegessen, da wurde er noch gesprächiger. Seine (englische) Frau hat für uns gekocht, übrigens sehr gutes Geschnetzeltes mit Kartoffelbrei (gibt's hier sonst nicht!). Er erzählte, dass er vor 32 Jahren aus den Staaten ausgewandert ist, und dieses "Hotel" (also diese Hüttchen) vor 22 Jahren eröffnet hatte. Er schimpfte ziemlich über die Nachbarn, sagte, dass jeder ausnahmslos wohl schonmal bei ihm in eine der Hütten eingebrochen ist oder woanders auf einem seiner Grundstücke geklaut hat. Klingt ziemlich verbittert und verzweifelt, hörte sich aber nur halb so schlimm an. Ist ja recht normal hier in Ecuador.
Am nächsten Tag war es wieder mal Zeit, was auszuprobieren. Christoph auf Pferd. Geht das? Ich habe zwar immernoch Muskelkater (jetzt fast eine Woche später) in den Oberschenkeln, aber ja, es geht! Siehe Beweisfotos. Macht sogar mächtig Spaß. Fühlt sich schon enorm an, auf so einem Muskelpaket zu sitzen. Und in welcher Geschwindigkeit die durch widriges Gelände kommen! Und auch durch Flüsse, schönes Gefühl.
Auf dem Fußweg zurück zum "Hotel" sind wir dann in einen sintflutartigen Regen gekommen. Die Straßen haben sich in Flüsse verwandelt. Und trotz Regenjacke und Rucksacküberzug ist sogar mein Reisepass nass geworden. Zum Glück kann man das Visa-Datum von Ecuador noch lesen :-) (Und meine Schuhe haben auch tagelang gebraucht, bis sie wieder trocken waren, habe ich noch nie erlebt!) Da machte der Hinweis auf einem Zettel in der Hütte aufeinmal sogar auf einmal Sinn: "Occasionally the bridge in front of the restaurant will be washed away. Please don't attempt to swim through the water in this case!"








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